Leichte Nahverkehrstriebwagen (LNT) der AVG auf dem Netz der DB AG

Anerkannte Regeln der Technik

Nach Eisenbahn-Bau -und Betriebsordnung (EBO) müssen Fahrzeuge so beschaffen sein, dass sie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen und anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

Unter anerkannten Regeln der Technik sind alle auf Erkenntnissen und Erfahrungen beruhenden Regeln der Technik zu verstehen, deren Befolgung notwendig ist, um Gefahren auszuschließen, und die in den betreffenden Fachkreisen bekannt und als richtig anerkennt sind.

Von den anerkannten Regeln der Technik darf abgewichen werden, wenn mindestens die gleiche Sicherheit wie bei Beachtung dieser Regeln nachgewiesen ist.

LNT und anerkannte Regeln der Technik

Leichte Nahverkehrstriebwagen (LNT) sind Schienenfahrzeuge, die die für EBO-Fahrzeuge maßgebende Rahmensteifigkeit gemäß UIC-Merkblätter 617-5, 625-7 und 631 nicht aufweisen.

Die UIC-Merkblätter stellen anerkannte Regeln der Technik dar.

Die LNT entsprechen somit nicht den in der EBO geforderten anerkannten Regeln der Technik.

Maßnahmen zur Erzielung der gleichen Sicherheit wie bei Einhaltung der EBO-Regeln und UIC-Merkblätter sind erforderlich.

Gutachten zum Einsatz von LNT

Der Einsatz von kostengünstigen und attraktiven Fahrzeugen (LNT) ist für die Erhaltung und den Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) in der Fläche unverzichtbar.

1992 Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr (BMV) zur Erarbeitung eines Gutachtens "Einstaz von Straßenbahnfahrzeugen/LNT auf Eisenbahnstrecken des öffentlichen Verkehrs.

Das Gutachten sollte die Frage klären, ob die geringe Rahmensteifigkeit des LNT im Konfliktfall im Mischbetrieb mit Regelfahrzeugen eine Vergrößerung von Unfallfolgen zu erwarten ist.

Ziel des Gutachten war, Empfehlungen hinsichtlich der generellen Zulassung von LNT im Mischbetrieb mit EBO-Fahrzeugen auf Eisenbahnstrecken des öffentlichen Verkehrs zu geben.

Besondere LNT-Bedingungen

Ergebnis des Gutachtens: "Besondere Bedingungen für das Verkehren von Leichten Nahverkehrstriebwagen im Mischbetrieb mit Regelfahrzeugen der Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs" von 1993, in der heute aktuellen Fassung bekanntgegeben mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr vom 24.04.1995.

Sie enthalten fahrzeugseitige, fahrwegseitige und betriebliche Bedingungen, die für das Verkehren von Leichten Nahverkehrstriebwagen im Mischbetrieb mit Regelfahrzeugen auf Eisenbahnstrecken des öffentlichen Verkehrs zu erfüllen sind.

Bei Erfüllung dieser Bedingungen gilt die gleiche Sicherheit wie bei Beachtung der anerkannten Regeln der Technik als nachgewiesen.

Fahrzeugseitige Bedingungen

Zulässige Geschwindigkeit = 90 km/h.

Das Bremsvermögen muss den Grenzwerten der Anlage 2, Tabelle 2 der Bau- und Betriebsordnung für Straßenbahnen (BOStrab) und den zugehörigen "Vorläufigen Richtlinien für die Bemessung und Prüfung der Bremsen entsprechen.

Zugbeeinflussung muss vorhanden sein.

Zugfunk zur Übermittlung von Nothaltaufträgen und Notrufen muss vorhanden sein.

Fahrwegseitige Bedingungen (für Hauptbahnen)

Die von LNT befahrenen Strecken müssen mit Zugfunk zur Übermittlung von Nothaltaufträgen und Notrufen ausgerüstet sein.

Bis 80 km/h Streckengeschwindigkeit müssen vorhanden sein:

  • Hauptsignale
  • signalabhängige Weichen
  • Zugbeeinflussung
  • Streckenblock

Bei 80 km/h bis 160 km/h Streckengeschwindigkeit müssen zusätzlich Gleisfreimeldeanlagen in den Bahnhofen vorhanden sein.

Das Befahren eines Gleises einer zweigleisigen Strecke entgegen der gewöhnlichen Fahrtrichtung ist nur im "Gleiswechselbetrieb" zugelassen (für Störungsfälle bestehen Erleichterungen).

Auf zweigleisigen Tunnelstrecken darf die Streckengeschwindigkeit 120 km/h nicht überschreiten.

auf Strecken mit Streckengeschwindigkeiten von mehr als 160 km/h ist der Einsatz von LNT nicht zulässig.

Betriebliche Bedingungen

In Gleisen, in denen sich mit Reisenden besetzte LNT befinden, darf grundsätzlich nur mit LNT rangiert werden.

Es sind betrieblich Anweisungen aufzustellen.

Umsetzung der LNT-Bedingungen: Streckenprüfung

Die für den Mischbetrieb LNT/Regelfahrzeuge vorgesehenen Strecken sind anhand der besonderen LNT-Bedingungen zu überprüfen, ob die geforderten fahrwegseitigen Bedingungen erfüllt werden.

Wenn ja, werden die Strecken zum "Bestätigten Einsatzraum für LNT", der dem Eisenbahn-Bundesamt als Aufsichtsbehörde anzuzeigen ist.

Wenn nein, müssen Maßnahmen getroffen werden, um die LNT-Bedingungen zu erfüllen.

Dabei kann es erforderlich werden, dem Eisenbahn-Bundesamt gegenüber den Nachweis der gleichen Sicherheit wie bei Erfüllung der LNT-Bedingungen zu führen.

Beispiele:

  • Der zweigleisige Nebenwegtunnel zwischen Vaihingen und Bietigheim hatte eine zugelassene Streckengeschwindigkeit von 140 km/h. Da die LNT-Bedingungen nur 120 km/h zulassen, wurde die Streckengeschwindigkeit mit Aufnahme des LNT-Betriebes auf Dauer auf 120 km/h herabgesetzt.
  • Im Bahnhof Durmersheim zwischen Karlsruhe und Rastatt fehlt die nach LNT-Bedingungen geforderte Gleisfreimeldeanlage. Die bestehende Signalanlage wurde so nachgerüstet, daß eine Einfahrt in die vom LNT benutzen Gleise

Umsetzung der LNT-Bedingungen: LNT-Betriebsanweisung

Nach den besonderen LNT-Bedingungen sind betriebliche Anweisungen aufzustellen.

Die Umsetzung dieser Forderung erfolgte durch die "Betriebsanweisung für das Fahren mit Leichten Naverkehrstriebwagen im Mischbetrieb mit Regel-Fahrzeugen auf Strecken von DB Netz, Niederlassung Südwest, Betriebsstandorte Karlsruhe und Stuttgart, gültig vom 26. September 1999 an".

Die Betriebsanweisung richtet sich an alle mit LNT-Betrieb befassten Mitarbeiter (Fahrdienstleiter, Triebfahrzeugführer usw.) und hat Regelwerkscharakter, d.h. sie ist in der Anwendung und Ausführung verbindlich.

In der LNT-Betriebsanweisung werden die Grundlagen des LNT-Betriebes sowie fahrzeugseitige und fahrwegseitige Bedingungen erläutert.

Besondere fahrwegseitige Bedingungen sind Streckenbezogen festgelegt.

Sie beschreibt darüber hinaus fahrzeugspezifische Besonderheiten des Betriebes mit Stadtbahnwagen, wenn diese von Standards der DB AG abweichen.

Als Anlagen enthält sie Dauerbremszettel für die Stadtbahnwagen.

Als Anhänge sind ein Übersichtsplan der LNT-Einsatzstrecken sowie die "Besonderen LNT-Bedingungen" enthalten.

Erfahrungen mit dem LNT-Betrieb

Seit Aufnahme des LNT-Betriebes kein Unfall unter Beteiligung eines LNT und eines Regelfahrzeuges.

Die Zusammenarbeit der beteiligten Bahnen AVG und DB AG ist eingespielt und sehr gut.

Die betriebliche Handhabung des LNT ist problemlos.

   

TransportTechnologie-Consult Karlsruhe GmbH (TTK)